April.02.2020
Für berufstätige Eltern, die infolge der pandemiebedingten Schließung von Kindergarten, Kindertagesstätte und/oder Schule ihrer Arbeitspflicht nicht nachkommen können, hat der Gesetzgeber im Eilverfahren ein neues Gesetz verabschiedet (BT-Drucksache 19/18111). Wesentlich hierbei ist, dass diesen Eltern unter bestimmten Voraussetzungen ein Entschädigungsanspruch, der rechtlich vom vertraglichen Lohnanspruch zu unterscheiden ist, gewährt wird.
Durch die Neuregelung können sich auf Arbeitgeberseite verschiedene Fragestellungen ergeben. Es folgt eine Übersicht der häufigsten Fragen und ihrer Antworten.
Der neuartige Entschädigungsanspruch ist in § 56 Abs. 1a IfSchG geregelt. Das Entstehen des Anspruchs setzt das kumulative Vorliegen folgender Voraussetzungen voraus:
Nach hier vertretener Auffassung führt das Vorliegen der Voraussetzungen dazu, dass dem Arbeitnehmer ein Leistungsverweigerungsrecht nach § 275 Abs. 3 BGB zuzusprechen ist, das bei Geltendmachung zu einer Unmöglichkeit der Arbeitsleistung führt. Dies führt nach § 326 Abs. 1 S. 1 BGB grundsätzlich dazu, dass der Arbeitnehmer auch seinen Lohnanspruch verliert. Es bleibt dann lediglich der Entschädigungsanspruch übrig.
Die Regelung ist bereits zum 30. März 2020 in Kraft getreten und ist befristet bis zum 31. Dezember 2020.
Gem. § 56 Abs. 2 S. 4 IfSchG beträgt die Entschädigung 67% des entstandenen Verdienstausfalls. Für einen vollen Monat wird höchstens ein Anspruch in Höhe von EUR 2.016 gewährt.
Der Entschädigungsanspruch wird längstens für sechs Wochen gewährt, § 56 Abs. 2 S. 4 IfSchG.
Grundsätzlich richtet sich der Entschädigungsanspruch gegen den Staat in Gestalt der zuständigen Behörde. § 56 Abs. 5 S. 1 IfSchG ordnet jedoch bei Arbeitnehmern für die Dauer des Arbeitsverhältnisses an, dass der Arbeitgeber für den Staat in Vorleistung zu gehen hat.
Dem Arbeitgeber werden dann erst auf seinen Antrag hin die ausgezahlten Beträge durch die zuständige Behörde erstattet, § 56 Abs. 5 S. 2 IfSchG.
Die zuständige Behörde wird nach § 54 IfSchG durch die Landesregierung bestimmt werden. Es ist zu erwarten, dass entsprechende Anträge dann auch auf den jeweiligen Internetauftritten der zuständigen Behörden zugänglich gemacht werden.
Wenngleich sich aus dem Wortlaut des § 56 Abs. 11 IfSchG nicht zwingend ergibt, dass die dort genannte Antragsfrist ebenfalls bei Entschädigungsansprüchen nach § 56 Abs. 1a IfSchG Anwendung findet, wird dringend dazu geraten, den Antrag innerhalb von den dort genannten drei Monaten ab dem Zeitpunkt der vorübergehenden Schließung/Betretungsuntersagung der Kinderbetreuungseinrichtungen/Schulen zu stellen.
§ 56 Abs. 12 IfSchG sieht vor, dass der Arbeitgeber auf seinen Antrag hin einen Vorschuss von der zuständigen Behörde in der voraussichtlichen Höhe des Erstattungsbeitrages verlangen kann. Zur zuständigen Behörde und dem Antrag als solchen wird auf 6. verwiesen.
Gem. § 56 Abs. 1a S. 2 IfSchG kann der Arbeitgeber von seinem Arbeitnehmer lediglich verlangen, darzulegen, dass in diesem Zeitraum keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit für das Kind besteht.
Wie sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, schließt der Bezug von Kurzarbeitergeld (siehe unsere Erläuterungen zur Kurzarbeit) einen Entschädigungsanspruch gem. § 56 Abs. 1a IfSchG aus. Dies wird damit begründet, dass Sorgeberechtigte, die aufgrund der Anordnung von Kurzarbeit keine Arbeitsleistung erbringen müssen, selbst ihre Kinder betreuen können.
Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch die Schaffung des § 56 Abs. 1a IfSchG für diesen Sachverhalt eine abschließende Regelung treffen wollte. Der Arbeitgeber wird also wohl nicht mehr für einen im Einzelfall umstrittenen Zeitraum zur Lohnfortzahlung gem. § 616 BGB verpflichtet sein. Dies ist insbesondere aus Gründen der Rechtssicherheit zu begrüßen.
Weitergehende FAQs zum Umgang mit der Coronavirus-Pandemie im Arbeitsrecht finden Sie hier.